Meister! hast du wohl erwogen
Dieses Baues Fundament?
Bald ist sicher der betrogen,
Der den festen Grund nicht kennt.
Dieser soll ja Alles tragen,
Drum kein unverständig Wagen!
Fruchtlos sind zu späte Klagen.
Der Sänger redet warnend mit dem Meister,
Die ernste Weisheit ist ihm gar nicht fremd;
Ist seine Heimat auch das Land der Geister,
In dem sich nichts auf träge Schwere stemmt.
Sitzt er auch mit dem leichten gold’nen Spiele
Auf zarten Purpurwölkchen wunderbar,
Schwebt harmlos hin im Traumreich der Gefühle –
Das Irdisch-Rechte ist ihm dennoch klar;
Und aus der festen Regel der Erscheinung
Und aus dem schweren Zwang verjährter Meinung
Weiß er die rechten Geister zu beschwören,
In zarter Blumensprache zu belehren.
Ein einzig Wort, von Wohllaut leicht getragen,
Durchfliegt Jahrhunderte von Mund zu Mund.
Wie süß an’s Herz die leichten Wellen schlagen,
Ist auch des Wortes tiefer Sinn schon kund. –
Einen Bau hier zu begründen,
Legen wir den ersten Stein;
Mag’s ein ernstes Wort verkünden,
Dies Geschäft sei nicht gemein.
In der Erde dunklem Grunde
Ruht Jahrhunderten die Kunde,
Was wir schafften diese Stunde. –
Der arme Mensch! – ein unergründlich Wesen –
So dunkel wie die Scholle, die ihn trägt,
Er kommt und ist gewesen. –
Die kalte Scholle wird auf’s Herz gelegt,
Auf’s heiße Herz, das rasch und feurig schlägt,
Das freudig ihn zu frischer Tat bewegt;
Um auf der Scholle kühn sich anzubauen,
Da überwältigt ihn ein süß Vertrauen,
Als könne er in den bequemen Räumen,
Die er sich schafft, noch lange – lange träumen!
Ja wohl, dies Schollenleben ist nur Traum!
Sein freundlich Haus beschirmt ihn ja kaum!
Da tut sich auf das kalte Moderbette;
Wie dieser Grundstein an die dunkle Stätte,
Wird er – oft kaum beweint – hinabgesenkt,
Wo bald ein neu Geschlecht sein nicht gedenkt.
Doch mag das Irdische hinab sich neigen,
Des Geistes Bau wird himmelan nur steigen.
Meister, ist die Mauerspeise
Auch verständig angemengt?
Bindet fest in gleicher Weise
Was vom Felsen losgesprengt?
Sind’s ja doch die Elemente
Eines Baues, drum verwende
Sorgfalt auf das Werk der Hände.
Dies Haus wird ja dem Freunde mir erbaut,
Drum weiht mein Herzenswort den ersten Grund;
Ach! nimmer tut das schönste Lied es kund,
In welche Lebenstiefe freudig schaut,
Mein Geistesauge, wie es in dir vertrauet;
Dies Herz, du Teurer! das dir lang geschlagen.
Es führt des raschen Lebens ernster Wagen
Dich handelnd durch der Länder weite Räume,
Doch wird dein eigen Herz dir freundlich sagen,
Dass keinen bösen Jugendtraum ich träume.
Im kleinen Tal von meines Daches Zinne,
Vom schönsten Maitag duftend rings umblüht,
Umjubelt laut vom Nachtigallenlied,
Schau‘ ich dir segnend nach mit treuem Sinne;
Schau‘ dankbar dann empor zur ew’gen Bläue,
Die über uns sich wölbt zum heil’gen Dome,
Und auf der Frohgefühle klarem Strome
Schwebt leuchtend mild der Genius der Treue.
Im Herzen flüstert’s, wie mit Geisterzungen:
Ja wohl, mir ist der große Wurf gelungen!
Meister, jetzt vorsichtig führe
Mir hinab die Hausfrau zart,
Dass den großen Hammer führe
Sie in kluger, rechter Art.
Schöne Dauer uns verkündet,
Felsenfesten Boden findet,
Was das treue Weib begründet.
Wie auch die Freundschaft treu und rein uns segnet!
Sie füllet nicht das weite Leben aus,
Nur wo die zarte Liebe uns begegnet,
Begründet sie dem Herzen fest das Haus.
In allen Tiefen steigt sie für uns nieder
Wo gute Geister walten, legt den Stein
Der Wohlfahrt uns zum treulichen Gedeih’n,
Von ihrem Segen stammeln reiche Lieder,
Nun wohlan, er ist geleget,
Grund- und Eckstein diesem Haus!
Meister und Gesellen, reget
Wacker Hand an Hand – hinaus!
Himmelan muss es sich heben,
Dass es Zeugnis möge geben
Eures Fleißes rechtem Streben.
Ich schaue von dem hohen Gruben-Rand
Im Geiste segnend auf den Stein hinunter,
Wohl baut der Mensch mit schaffendem Verstand,
Und regt die schönen Kräfte emsig munter:
Und was er baut und schafft, das soll zur Höhe,
Das ist die stets ihm angebor’ne Bahn,
Allein geblendet ist ihm oft die Sehe,
Es fehlt die rechte Wirkung himmelan.
Hinab zieht ihn sein dunkler Erdenwahn.
Da gleißt es flimmernd, lockend in die Tiefe,
Als wenn ihm eine Geisterstimme rief:
Dass dort des Lebens schönster Schatz ihm schlief;
Wer deutet ihm des Lebens Hieroglyphe? –
Es ist nur einer, Freund, den du erkennest,
Und den du Meister still im Herzen nennest:
All uns’res Baues Grund- und Eckstein Er!
Fällt’s auch dem armen Erdensinne schwer
Ihn zu erfassen – Ach! er hat nicht,
Worauf das Haupt erquicklich ihm gerastet;
Doch ist’s nur Er, der uns so gern entlastet,
Der einen schönen Bau uns dann verspricht –
Wenn einst das staubgeformte Herz zerbricht!