Einmal im Jahr
Entzünd` auch ich die Allerseelenkerzen
Vor dem Altar
Der Toten, die ich lieb gehabt im Herzen!
Die Flocken fielen federsanft, mit weichem Flaume deckten sie die müde, müde Erde zu.
Es hing am Baume noch das Laub, das falbe, sterbekranke Laub, das kranke, kranke Laub.
In meinem Herzen stach ein Schmerz, ein tiefer, dunkler, stummer Schmerz, ein stummer Schmerz.
Da ging ich in die Nacht hinaus, die sternenlose, kalte Nacht, die kalte Nacht.
Da klang aus kleinem Haus ein Lied, ein schüchtern Lied von Kindermund, ein Lied von Kindermund.
Und weinend ging ich still nach Haus und sang für mich, und sang für mich ein leises Kinderlied –
Und ward gesund.
Irgendwo entsteht er
Auf einem Stern,
Irgendwoher weht er
Aus weiter Fern,
Ein tieferer Blick, ein vollerer Klang, ein heißerer Hauch.
Er läßt dich nimmer, er ist bei dir,
Wo du auch bist, da ist er auch.
(1864.)
Du bist nicht ich, ich bin nicht Du!
Dein Baum blüht anders wie der meine,
Doch streben, treuvereint, wir zu
Demselben lichten Sonnenscheine,
Doch halten, treuvereint wir aus
Noch ruhig manches Sturmes Wüten
Und flechten gern zu einem Strauß
In Liebe uns’re Liederblüten. –
(1827)
Fremdling, komm in das große Neapel, und sieh`s, und stirb!
Schlürfe Liebe, genieß des beweglichen Augenblicks
Reichsten Traum, des Gemütes vereitelten Wunsch vergiß,
Und was Quälendes sonst in das Leben ein Dämon wob:
Ja, hier lerne genießen, und dann, o Beglückter, stirb! –
(1560-1600.)
Schön wär ich gern, das bin ich nicht,
Fromm bin ich wohl, das hilft mir nicht;
Geld hilft mir wohl, das hab ich nicht,
Darum bin ich kein Buhler nicht.
( 25. März: »Mariä Verkündigung kommen die Schwalben wiederum«.)
Schwebe, Du schwirrende,
Schwarz-schwingige Schwalbe,
Zur schönen Schwester:
Des Bruders bist Du
Und Baldurs Botin:
Gern gönnt sie Dir Gastrecht:
Frühling erfreut sie. –
War`s doch ein wonniger,
Sonniger Sonntag
In mildestem Märzen:
Falter flogen,
Behende Bienen
Im grünenden Garten:
In Hecken hüpfte
Süßen Gesanges
Die braune Brunelle
Und, am Springbrunn spielend,
Rief Rothkehlchen,
Seit lange mein Liebling,
Sein lieblich lautendes Lied.
Zu Straßburg an dem Katzensteg
Wohnt` einst `ne schöne Frau.
Ihr Eheherr ein Schuster was,
Der gem beim Wein im Bären saß.
Miau, Miau, Miau!
Der Mann der schönen Frau.
Stellt den Stuhl mir unters offne Fenster,
Wo der Apfelbaum von Blüten duftet,
Wo durch Wälder blühnder Obstgelände
Über helle, frischbegrünte Matten
Zu den blauen, schön geschweiften Bergen
Aug und Seele sanften Flugs sich schwingen!
Schnurre, Spindel, schnurre!
Dreh` dich stink und surre!
Fleißig mußt du spinnen
Für mein bräutlich Linnen.
O Mädchen, sprich, was suchest du
Wohl auf der duft`gen Au?
Ich sah der Blumen mancherlei.
Die glänzen schon im Thau.
Mir ist ein tiefer Traum geschehn,
Hab` meiner Mutter Antlitz gesehn,
Aber groß und zerwühlt von Furchen und Falten,
Hätt`s können für einen Acker halten.
Lieblich lacht, Geliebte, in deiner Locken
Dunkler Pracht die bräutliche Myrtenkrone,
Schöner noch in deinem beseelten Blick die
Wonne der Liebe.
Ist`s ein Wunder, daß dich alle lieben,
Die nach meinem Scheiden sich dir nahen,
Meine Seufzer sind bei dir geblieben
Und als Luftgeist sehnlich dich umfahren,
Wer zu athmen wagt an deinem Munde
Zieht sie unbewußt zu seinem Herzen,
Diese Seufzer mancher trüben Stunden,
Diese Geister, mir entflohn in Schmerzen.
Im Traume seh` ich wohl zuweilen
Mich selbst als toten, stillen Mann;
Und blasse schwarze Männer eilen
Und sagen meine Leiche an.