O Mädchen, sprich, was suchest du
Wohl auf der duft`gen Au?
Ich sah der Blumen mancherlei.
Die glänzen schon im Thau.
Doch gehest du die Blümelein
Ja allesammt vorbei;
So laß mich wissen liebes Kind,
Was denn dein Suchen sey?
`Ich suche wohl, und sind es nicht,
Ein Blümchen wunderschön,
Ich sucht` es schon im dunkeln Wald,
Im Thal und auf den Höh`n.`
O sag`, wie heißt das Blümchen denn,
Das deiner Wünsche Ziel?
Wer weiß, ick zeig` es dir vielleicht,
Ich kenn` der Blumen viel.
`Vergebens sinn` ich, wie es heißt,
Wie Mutter es genannt,
Ich hörte nur, wie sie`s beschrieb,
Da bin ich fortgerannt.
Das Mädchen, das dies Blümchen fand,
Das preise hoch sein Glück,
Dies Blümchen schützt als Talisman
In Noth und Mißgeschick.`
O hör`, mich dünkt, ich hab` es schon,
Da blühet rosenroth
Ein wunderbares Blümlein auf,
Das lindert Weh und Noth.
Es blühet freundlich Jedem auf
Im Lebens-Frühlingsschein;
Mag nicht das, was die Mutter meint,
Das Blümchen Liebe seyn?
Das Blümchen Liebe ist es nicht,
Das ist mir wohl bekannt,
Nein, jen`s ist seltner, anders auch
Hat Mutter es genannt.
Sie sagt`: `Es wähnte Manche schon,
Daß sie das Blümchen fand,
Doch war es stets das rechte nicht,
Und welkt` in ihrer Hand.`
Da steht ein andres Blümlein schon,
Das glänzt und strahlt wie Gold,
Das nennen wir die Freundschaft hier,
Das ist auch Vielen hold.
`Ach nein, auch Freundschaft ist es nicht,
Auch das ist mir bekannt,
Nein, jenes ist viel seltner noch,
Wird anders auch genannt.`
Da ist noch eins, das Freude heißt,
Dies liebe Blümchen lacht
Und duftet süß für Alt und Jung
In vieler Farben Pracht.
`Das heitre Blümchen kenn` ich wohl,
Es sprießet immer neu! —
Doch halt! ich hab`s, mein Blümchen heißt,
Es heißt die Männertreu.`
Die Männertreu! ja, gutes Kind,
Du bist umsonst bemüht,
Die findest du wohl nimmermehr,
Die ist schon lang verblüht!
Die blühet gleich der Aloe
All` hundert Jahre neu,
Drum findet unter Hunderten
Kaum Eine Männertreu!
Er sandte dir zurücke
Die goldne Uhr, den Ring,
Die er in glücklicher Stunde
Von dir, seiner Liebsten, empfing.
Ich traure mit dir, du Arme,
Ich fühl` es, dein Schmerz ist groß,
Doch freue dich, nicht gefallen
Ist dir das härteste Loos.
Er blieb dir bis zum Tode
Unwandelbar und treu;
In ew`gem Liebesschimmer
Erscheint er dir stets neu.
Mit inniger Seelenfreude
Zeitlebens gedenkst du sein; —
Was man einst so besessen,
Kann nie verloren seyn.
Ihn rufst du in bangen Nächten,
Ein tröstliches Heiligenbild,
Vielleicht er hat dich vernommen,
Umwehet dich leise und mild.
Du Glückliche! ach ich neide
Den Schmerz dir, so selig, so groß;
Ich Arme! wie ist mir gefallen
Ein vielfach härteres Loos.
Auch ich hab` den liebsten verloren,
Doch nicht auf blutiger Statt;
Er gehet gesund und fröhlich
Umher hier in der Stadt.