Die Flocken fielen federsanft, mit weichem Flaume deckten sie die müde, müde Erde zu.
Es hing am Baume noch das Laub, das falbe, sterbekranke Laub, das kranke, kranke Laub.
In meinem Herzen stach ein Schmerz, ein tiefer, dunkler, stummer Schmerz, ein stummer Schmerz.
Da ging ich in die Nacht hinaus, die sternenlose, kalte Nacht, die kalte Nacht.
Da klang aus kleinem Haus ein Lied, ein schüchtern Lied von Kindermund, ein Lied von Kindermund.
Und weinend ging ich still nach Haus und sang für mich, und sang für mich ein leises Kinderlied –
Und ward gesund.
Ein wohlbestelltes Mieder,
Die Backen rot gesund,
Den Schnabel voller Lieder
Und vorn und hinten rund.
Es liegt in mir wie eine Wolke
Der düstre Abend, der uns schied.
Es stand kein Stern am grauen Himmel
Und von den Zweigen klang kein Lied.
Wir gingen durch die dunkle, milde Nacht,
dein Arm in meinem, dein Auge in meinem;
der Mond goss silbernes Licht über dein
Angesicht; wie auf Goldgrund ruhte dein
schönes Haupt, und du erschienst mir wie eine
Heilige: mild, mild und gross, und seelenübervoll,
gütig und rein wie die liebe Sonne. Und
in die Augen schwoll mir ein warmer Drang,
wie Thränenahnung. Fester fasst` ich dich
und küsste – küsste dich ganz leise, – meine
Seele weinte.
Wir sind die Zarten und Leisen,
Die Süssen, Sittsam-Frommen,
Die Tugend thun wir preisen
In glättlich-netten Weisen.
Bei jungen Mädchen sind wir stets willkommen
Mit unserm Bimmel – Bammel – Bimmel,
– Hilf Gott, wie reizend, – ewiger Himmel!
Als es Winter war, hatt` ich nur einen Sonnenschein, – Dich, und Du warst mir eine ferne Sonne mit seltenen Strahlen. Aber wie waren sie warm und freundlich, und wie war ich glücklich!
Nun ist es Frühling geworden über die Erde, und die Vögel rufen sich von schwanken
Knospenzweigen, und der Himmel ist blau wie Erfüllung aller Seligkeit.
Aber wo ist denn meine Sonne?
Schau da, wie schön: von chinagelber Seide das Kleid, burgunderroth der Gürtelreif, und alle Blumen des Frühlings auf dem weissen Hute, geht meine Sonne dort auf vor dem römischen Roth der Arkaden.
Sonnensieg! Die gelbe Seide surrt mit falbelndem Saum über den rothen Fliess, und jeder ihrer Schritte ist ein Kuss der beglückten Erde.
Das ist meine Sonne?
Ach, wie sie doch im Winter so weich und fraulich war und lieb.
Nun ist sie stolz geworden, und wie ein Komet zieht sie einen zitternden Schweif von
Verehrern nach und lässt die dümmsten Monde in ihre Nähe, wenn sie von Silber sind.
Sonne, dein Sieg gefällt mir nicht. Halloh! Ich geh auf die Sternensuche!
Ach, mein Herz ist bange,
Bange nach meiner Geliebten.
Sehnsucht hält die Schatten-
Flügel über mir.
Ach, was sah ich im Traum:
Du hast die Hand mir gegeben,
Und stumm sprach mir dein Mund:
Ja, ich fühle wie du.
Da noch Blut in meinen Adern ist und Kraftspannen in meinen Muskeln, will ich lieben, – lieben wie ein seliger Gott und ein gesundes Thier.
Die faule Furcht der Menschheit blas ich hinweg mit meinem Odem voll rasender Sehnsucht.
Meine drängende Brust hebt sich nach den bebenden, vollen Brüsten unendlicher Hingabe.
Zwingen will ich den ausweichenden Blick sehnender Weichheit.
Her zu mir Alle, ihr Liebeskräftigen, ich will euch umarmen.
Wer aber liebesfeige ist, der gehe hin und ersäufe sich in veilchenfarbener Tinte.
Seinem Tode will ich ein Tanzlied singen.
Sela.